KÖHLER-Interview: Wir investieren auf Rekordniveau in die deutsche Infrastruktur
Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Dr. Lukas Köhler gab dem „Münchener Merkur“ das folgende Interview. Die Fragen stellten Marcus Mäckler, Kathrin Braun und Mike Schier.
Frage: Herr Köhler, wir bieten Ihnen eine Wette an. Wie viel setzen Sie darauf, dass die Ampel durchhält?
Köhler: Wollen Sie wirklich wetten? Ich prophezeie Ihnen: Sie müssen am Ende zahlen.
Frage: Die Ampel hält?
Köhler: Ja. Unter der Voraussetzung, dass wir einen soliden Haushalt verabschieden und die Wachstumsinitiative schnell umsetzen.
Frage: Und wenn SPD und Grüne nicht mitmachen, ist die FDP raus?
Köhler: Nein, dann ist die Frage, ob SPD und Grüne bereit sind, die notwendigen Einsparungen im Haushalt zu machen. Ich würde nicht darauf wetten, dass unsere Partner dann in der Regierung bleiben.
Frage: Ihr Landeschef Martin Hagen fordert deutlich ein Ende der Koalition…
Köhler: Martin und ich sind gar im Kern einer Meinung. Er sagt auch, dass die Ampel Reformen schnell umsetzen muss. Wenn wir die Kraft dazu nicht haben, braucht’s eine neue Regierung. Aber bisher hat die Ampel die Wachstumsinitiative noch nicht abgesagt. Noch haben wir die Chance, das Lieferkettengesetz zu beerdigen, die Arbeitszeiten zu flexibilisieren und so weiter. Und es gibt die Möglichkeit, einen Haushalt zu beschließen, der funktioniert.
Frage: Stichwort Haushalt: Wie schlimm wird denn die Steuerschätzung heute ausfallen?
Köhler: Ich habe keine Glaskugel. Aber ich würde mal sagen, der Druck auf den Haushalt wird steigen. Umso wichtiger ist es, dass wir bei der Wachstumsinitiative vorankommen.
Frage: SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich ist gar nicht einverstanden mit der Verhandlungsführung von Christian Lindner. Rechnen Sie mit einem neuen Angriff auf die Schuldenbremse?
Köhler: Bisher hat meines Wissens nach in den Regierungsverhandlungen noch niemand die Aufgabe der Schuldenbremse gefordert, trotz allen Wahlkampfgeplänkels von Rolf Mützenich.
Frage: Aber dass wir Geld für die Sanierung der Infrastruktur gebrauchen könnten, ist unstrittig, oder?
Köhler: Selbstverständlich. Ich widerspreche aber der Prämisse, dass das kein Investitionshaushalt ist. Wir investieren auf Rekordniveau in die deutsche Infrastruktur. Beispiel Bahn: Der Konzern sagt selbst, dass das nötige Geld für die Sanierung da ist. Aber sie können nicht parallel das gesamte Bahnnetz lahmlegen, sondern immer nur einzelne Korridore sanieren. Wenn der Haushalt beschlossen wird, ist genug Geld für die Sanierung von Brücken, Schienen und anderem da.
Frage: Der Haushalt wird mit vielen Tricksereien aufgestellt. Muss sich der Staat nicht irgendwann ehrlich machen?
Köhler: Da trügt die Wahrnehmung. Das Bundesverfassungsgericht hat uns ja einen klaren Rahmen für den Haushalt vorgegeben. Wir können gar nicht einfach ein neues Sondervermögen beschließen oder Schuldenbremse aussetzen, sie steht ja im Grundgesetz. Im Übrigen wäre beides mit der FDP nicht zu machen.
Frage: Nächstes Streitthema: das Rentenpaket. Bleibt die FDP-Fraktion bei ihrem Nein?
Köhler: So, wie das Rentenpaket gerade ist, kann es nicht durch den Bundestag gehen, weil es nicht generationengerecht ist. Ich glaube aber auch nicht, dass die SPD bei der Rente einen Generationenkonflikt auslösen möchte. Bei allen Differenzen glaube ich, dass wir eine Lösung finden werden, die auch für junge Menschen gerecht ist.
Frage: Christian Lindner hat das Rentenpaket II mit ausverhandelt und hält es für beschlussfähig. Schaden Sie mit ihrem Nein nicht dem Parteichef?
Köhler: Nein. Christian Lindner hat ja deutlich gesagt, dass das Parlament debattieren soll. Im Übrigen stehen wir als FDP fest an der Seite unseres Vorsitzende und Finanzministers.
Frage: Weil er alternativlos ist? Die FDP liegt bundesweit bei drei Prozent. Anderswo treten Parteichefs trotz besserer Werte zurück.
Köhler: Christian Lindner macht seine Sache extrem gut, als Parteivorsitzender und Finanzminister. Alle sind immer so überrascht, dass wir in der FDP keine Personaldebatten führen. Die ist einfach nicht nötig. Ich sehe in Deutschland keine andere Partei, die sich so wie wir für Mut und Fortschrittsglauben einsetzt. Deswegen mache ich mich keine Sorgen um die Zukunft der FDP.